Hand in Hand für Menschlichkeit und Menschenrechte

Ein starkes, buntes Zeichen für Menschlichkeit war das in Duisburg! Hundert Menschen, die um die Geschäftsstelle der Kindernothilfe Hand in Hand eine ideelle Rettungskette für geflüchtete Menschen bildeten. Anschlussgruppen im Norden und Süden streckten aus der Ferne ihre Hände aus – zu einer kilometerlangen Menschenkette mitten durch Duisburg hindurch. Und weit darüber hinaus: Von Hamburg bis nach Bayern, über die Grenze durch Tirol und über den Brenner durch Südtirol bis ins Veneto ans Mittelmeer standen Zehntausende. Sie zeigten, wozu Zivilgesellschaft länderübergreifend fähig ist: mit Mut, Gemeinschaftlichkeit und Solidarität einzustehen für Menschlichkeit und Menschenrechte, gegen das Sterben im Mittelmeer und für die Rechte Geflüchteter.

Text: Katrin Weidemann

Als Kindernothilfe haben wir uns sehr selbstverständlich mit untergehakt. Denn den Einsatz für Menschen und ihre Rechte – für Frauen, Männer, und ganz besonders für Kinder – das verstehen wir seit über 60 Jahren als unsere Aufgabe. Wie bitter nötig unser Einsatz aktuell ist, zeigen die Zahlen der UN-Flüchtlingshilfe. Nie zuvor waren so viele Menschen auf der Flucht wie in diesem Jahr:  82,4 Millionen Menschen, fast die Hälfte Kinder und Jugendliche.  Was Flucht und Migration für sie bedeutet – das sehen wir in vielen Ländern, in denen  wir aktiv sind, immer wieder.

Die Rettungskette für Menschenrechte an der Geschäftsstelle der Kindernothilfe in Duisburg. Foto: Kindernothilfe
Kinderrechte bleiben auf der Strecke

Nirgendwo werden Kinderrechte so brutal und so heftig verletzt wie bei Kindern, die auf der Flucht sind. Das betrifft all ihre Lebensbereiche. Ihr Recht auf Bildung – sie können es vergessen, wenn sie oft nicht einmal wissen, wo sie heute Nacht schlafen werden, wie lange das Zelt im Lager ihr Zuhause ist. Ihr Recht auf Schutz vor Gewalt, es bleibt im Fluchtkontext im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke. Ihr Recht auf Schutz vor sexuellem Missbrauch geht oft irgendwo unterwegs verloren.

Darum wachsen Generationen von Kindern auf der Flucht heran, die irgendwann aufhören zu sprechen. Die die Bilder von Tod und Verlust nicht mehr aus ihrem Kopf bekommen. Die ihre Lebenskraft verlieren, weil es ihnen an Essen mangelt, an Hygiene, an Gesundheitsversorgung. Und an Stabilität, Sicherheit und Schutz.

Es ist ein Thema, das mich anfasst, und das uns als Kindernothilfe umtreibt. Deshalb engagieren wir uns seit vielen Jahren auf allen Kontinenten, in denen wir arbeiten, zum Thema Flucht und Rechte der Kinder. Humanitäre Hilfe-Projekte genauso wie Kooperationen im Rahmen der langfristigen Programmarbeit mit und für Geflüchtete gehören zu den festen Bestandteilen unserer Arbeit.

Das weltweit größte Flüchtlingslager ist in Bangladesch entstanden. Foto: Kindernothilfe
Hilfe weltweit

Allein in den letzten 5 Jahren haben wir über 20 Millionen Euro an Mitteln für Kinder und ihre Familien in Fluchtsituationen aufgebracht. Und setzen sie in einer Vielzahl von Projekten ein:

  • Für syrische Geflüchtete, die im Libanon leben. Viele wollen dort in der Nähe ihrer Heimat bleiben, weil sie die Hoffnung nicht aufgeben, dass sie irgendwann zurückkönnen. Unsere Projekte tragen dort z.B. dazu bei, dass syrische Kinder den Anschluss an das libanesische Schulsystem mit seiner für sie fremden Sprache schaffen.
  • Wir engagieren uns für die Geflüchteten an der EU-Außengrenze in Griechenland, auf Lesbos und der Festlandküste
  • Und in großen Projekten für Geflüchtete in Bangladesch. Dort, wo seit 2017 das weltweit größte Flüchtlingslager mit bis zu einer Million Menschen entstanden ist, die aus Myanmar vor Tod und Terror geflohen sind.
  • Auch in Lateinamerika sind Hunderttausende auf der Flucht. Auf der Flucht aus Venezuela in die Nachbarländer Kolumbien, nach Ecuador, nach Bolivien, wo Partnerorganisationen gewaltige Projekte schultern.
  • Und dann gibt es die Kinderzüge durch Mittelamerika, mit Tausenden von Kindern und Jugendlichen, die sich Richtung US-amerikanische Grenze aufmachen. Auch für sie braucht es Projekte, die Perspektiven geben.

Fluchtbewegungen tangieren unsere Arbeit weltweit. Und darum machen wir uns auch in Deutschland stark im Bündnis Seebrücke.

Grenzüberschreitende Seebrücke

Als Vollmitglied der Seebrücke unterstützen wir nicht nur in Duisburg Aktionen wir die Rettungskette. Viele unserer Kindernothilfe-Arbeitskreise quer durch Deutschland arbeiten ebenfalls mit den lokalen Kapiteln der Seebrücke zusammen. Quer durch Deutschland und darüber hinaus stehen Menschen in einem grenzüberschreitenden Bündnis für einen fairen Umgang mit Geflüchteten. Nicht vergessen werden dürfen die 22.200 Menschen, die in den letzten Jahren auf dem Mittelmeer ertrunken sind. Söhne und Töchter, Ehefrauen und Männer, Großeltern, ganze Familien. Ihr Sterben verpflichtet uns

Nicht mehr warten

Deshalb wollen wir nicht warten, bis die Politik eine europäische Lösung gefunden hat. Denn im Mittelmeer geht das Völkerrecht Woche für Woche über Bord – zusammen mit tausenden geflüchteten Menschen, die auf ihrem Weg übers Meer ertrinken. Es ist nicht akzeptabel, zu warten, wenn Menschen sterben. Das Leben von Kindern, Frauen und Männer zu retten ist eine humanitäre Verpflichtung. Und das Ansteuern eines sicheren Hafens ist keine Straftat.

#SicherheitundWürde für Geflüchtete
Für Sicherheit und Würde: Symbolische Postkartenübergabe an das BMI. Foto: Kindernothilfe

Vor einer Woche haben wir im Innenministerium in Berlin knapp 15.000 Unterschriften übergeben. Und zusammen mit den Postkarten das Ministerium dazu aufgerufen,  sich im Rahmen der EU gegen die menschenunwürdigen Lager in Griechenland einzusetzen und auf die griechische Regierung einzuwirken, vor allem den Schutz der Kinder in den Lagern zu verbessern. Wir fordern, zu verhindern, dass die griechische Küstenwache vor den Augen der Europäischen Grenzschutzagentur Frontex und der Bundespolizei weiter an illegalen Push-backs beteiligt ist.

Und eine dritte Kernforderung ist, mehr schutzbedürftige Geflüchtete, darunter junge Mütter und ihre Babys, aus den Lagern auf den Ägäis-Inseln aufzunehmen. Es gibt in Deutschland genug Kommunen, die bereit sind, sie aufzunehmen. 267 Städte und Gemeinden stehen bereit, verteilt über alle Bundesländer, die sagen: wir können deutlich mehr Menschen aufnehmen. Lasst uns einfach machen, wir haben die Leute und die Kapazitäten.

Sicherer Hafen Duisburg

Auch Duisburg ist so ein sicherer Hafen. Ich bin stolz und dankbar dafür, dass die Kindernothilfe in einer Stadt verwurzelt ist, die selbstverständlich und unkompliziert immer wieder ihre Bereitschaft bekräftigt, zusätzliche Kontingente von besonders gefährdeten Geflüchteten aufzunehmen. Ganz persönlich freue ich mich als aus München ins Ruhrgebiet „Migrierte“, dass ich in so einer solidarischen Stadt neue Heimat gefunden habe. Ein sicherer Hafen, der für humane Politik steht.

Migration ist und war schon immer Teil unserer Gesellschaft! Statt Grenzen dichtzumachen, brauchen wir ein offenes Europa, solidarische Städte und sichere Häfen.

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Autor: Katrin Weidemann

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