Kreativ und kunstvoll: Kinder fordern Kinderrechte

 

Weltkindertag, September 2019

Die Aktionen könnten unterschiedlicher nicht sein, und doch verbindet sie die gleiche Idee: Kinder machen sich stark für Kinderrechte! Die einen mit Sprühdosen am Duisburger Sittardsberg, andere mit klassisch geschulten Singstimmen in Berlin. Mit außergewöhnlichem Einsatz betonen Mädchen und Jungen am Weltkindertag: Wir haben Rechte. Zum 30-jährigen Jubiläum der Kinderrechtskonvention begleite ich zwei besonders beeindruckende Aktionen.

Der Weltkindertag in Duisburg ist ein strahlender Spätsommertag. Während viele ihrer Freundinnen und Freunde unterwegs zur „Fridays for Future“-Demo im Stadtzentrum sind, packen Amina (12), Ali (11), Maya (13) und Fiza (13) ihre Maler-T-Shirts und den Mundschutz aus. Genau gegenüber der Kindernothilfe-Geschäftsstelle wollen sie heute die kahlen Betonwände der Haltestelle Sittardsberg gestalten. Mit großen Lettern setzen sie an der vielbefahrenen Kreuzung ein gut sichtbares Zeichen für die Kleinsten der Gesellschaft. Vielfarbig und in gleich vier Sprachen entsteht ihr Statement: Kinder haben Rechte.

Der Kindernothilfe-Vorstand mit Aleks van Sputto und Kindern des Landfermann-Gymnasiums. (Quelle: Martin Bondzio)

Die Kunstaktion ist nicht der erste Einsatz der vier. Die Schülerinnen und Schüler des Duisburger Landfermann-Gymnasium engagierten sich bereits als Action!Kidz für Projekte der Kindernothilfe gegen ausbeuterische Kinderarbeit.

Katrin Weidemann mit einem kleinen Künstler des Landfermann-Gymnasiums. (Quelle: Martin Bondzio)Als Sprayer haben die vier allerdings noch keine Erfahrung. Technische Tipps und Profiunterstützung gibt’s deshalb von den Graffiti-Künstlern Aleks van Sputto und Sebastian Saffenreuter. Sie setzen das Kunstwerk mit den Jugendlichen gemeinsam um. Wie viel Spaß das macht, darf ich an einem orangefarbenen Buchstaben auch mit ausprobieren. Cool.

Der Staats- und Domchor Berlin für Jungen singt mit dem Mädchenchor der Sing-Akademie zu Berlin. (Quelle: Bastian Strauch)

Am nächsten Tag geht’s weiter nach Berlin. Mein Highlight hier in der Hauptstadt ist diesmal musikalischer Natur. Der Staats- und Domchor Berlin für Jungen gilt mit seiner 550-jährigen Geschichte als älteste musikalische Einrichtung Berlins. Zum Weltkindertag singt er erstmals zusammen mit dem Mädchenchor der Sing-Akademie zu Berlin – der wurde vor gerade mal 13 Jahren ins Leben gerufen.

Der Staats- und Domchor Berlin für Jungen. (Quelle: Bastian Strauch)

Der gemeinsame Auftritt im traditionsreichen Konzertsaal der Universität der Künste ist eine gelungene Premiere. Zusammen mit den Familien der jungen Sängerinnen und Sänger und anderen musikbegeisterten Berlinern erlebe ich, wie sich die gut sechzig Kinderstimmen zauberhaft verbinden. Vom eröffnenden Shalom Aleichem über Benjamin Brittens Missa brevis bis zu Telemanns Europa formen die feinen Stimmen der Jungen und Mädchen eine fabelhafte Einheit. Der Weltkindertag verbindet!

Wie häufig er denn mit seinem Chor probe, frage ich begeistert einen der jungen Sänger im Anschluss. Da stehen wir mittlerweile schon auf der sonnigen Terrasse des Universitäts-Cafés. Dorthin hat der Berliner Arbeitskreis der Kindernothilfe zur Jubiläumsfeier eingeladen. „Na, dreimal die Woche“, erklärt mir der Zehnjährige selbstbewusst. „Jeweils 90 Minuten.“ Und wie lange er schon im Chor singt? Er überlegt kurz, zählt wohl in Gedanken rückwärts und kommt dann auf erstaunliche – fünf Jahre. Ein halbes Kinderleben voll Gesang!

Kindernothilfe-Vorstandsvorsitzende Katrin Weidemann. (Quelle: Bastian Strauch)

Die Lebenssituation benachteiligter Kinder in Afrika, in Asien oder Lateinamerika, sie scheint an diesem friedvollen Sonntagnachmittag in Berlin auf den ersten Blick weit entfernt zu liegen. Und doch wissen und ahnen die jungen Sängerinnen und Sänger, dass Millionen von Kindern weltweit keine fairen Chancen haben und ihre Rechte mit Füßen getreten werden.

Von ihnen erzähle ich jetzt: von den zahllosen Mädchen und Jungen, die weltweit auf der Straße leben. Von Kindern, die hart arbeiten müssen, um zu überleben. Von Kindern, deren Leben von Gewalt geprägt ist. Diese Kinder träumen davon, ein sicheres Zuhause zu haben, sich satt zu essen und zur Schule gehen zu dürfen. Ihre Träume, sie sind mit einmal sehr präsent, hier mitten in Berlin. Es sind diese Träume der Kinder, die uns als Kindernothilfe seit sechs Jahrzehnten antreiben und für deren Umsetzung wir uns einsetzen – damit die Träume Realität werden. Denn die Kinder haben ein Recht darauf. Ein Recht, das seit 30 Jahren in der UN-Kinderrechtskonvention verbrieft ist.

Rund um den Weltkindertag zeigen Kinder und Jugendliche mit vielen Aktionen, dass sie die Kinderrechte kennen und sich für sie stark machen. Dafür singen die vereinten Knaben- und Mädchenchöre in Berlin. Dafür setzen Schülerinnen und Schüler in Duisburg ein Statement auf Betonwände. Dafür engagieren sich Tausende von Kindern und Jugendlichen als Action!Kidz. Für faire Chancen von Kindern weltweit. Damit Kinderrechte keine Träume bleiben.

Autor: Katrin Weidemann

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