Die Berufsaussichten für Jugendliche in Uganda sind katastrophal – schätzungsweise 80 Prozent sind ohne Job. In Sakya ist das anders. Das hat vor allem mit den Frauen des Dorfes zu tun…
Nur wenige Kilometer vor Mbale liegt Sakiya, ein kleines Dorf mit vereinzelten Häusern und Rundhütten, die wie braune Flecken inmitten der üppig grünenden Gärten wirken. Hier wird jeder Quadratmeter Land genutzt, um Bohnen, Tomaten, Kohlköpfe oder Mais anzubauen. Zweimal im Jahr kann geerntet werden – wenn die Regenzeit mitspielt und das kostbare Nass im richtigen Maß mit sich bringt, nicht zu viel und nicht zu wenig.
In der Kirche von Sakiya haben sich schon zwei Gruppen versammelt: Vertreterinnen der Selbsthilfegruppen aus verschiedenen Orten, die in einer CLA (Cluster Level Association) die Arbeit eben dieser Gruppen in der Region unterstützen. Und Jugendliche, die von der CLA in einem besonderen Projekt gefördert wurden.
Keine Chance auf einen Job? Jetzt doch!
Sie alle stammen aus armen Familien, die ihnen keinerlei Unterstützung geben konnten. Sie hatten den Schulbesuch vorzeitig abgebrochen, weil es kein Geld für Essen, Kleidung oder Bücher gab. Weil die Eltern starben und sie sich um die kleinen Geschwister kümmern mussten. Oder weil sie selbst schwanger wurden. Jugendliche aus solchen Verhältnissen sind in Uganda ohne jede Perspektive – außer der, sich in das Heer der geschätzt 80 Prozent arbeitsloser Altersgenossen einzureihen, für ein Leben auf der Straße.
Dass sie dort nicht mehr leben, liegt an den durchsetzungsstarken Frauen der CLA, der Dorfgemeinschaft und dem Kindernothilfe-Partner. Der Dorfvorsteher und die CLA suchten gezielt Jugendliche aus, sprachen sie an und luden sie ein. Nach den ersten Treffen entschied die Gruppe der Jugendlichen gemeinsam, womit sie sich beschäftigen wollten: Einige wählten zum Beispiel den Anbau von Gemüse. Das würde ihnen ein Einkommen verschaffen und gleichzeitig den Bedarf des Dorfs decken.
Jugendliche Karriere: Mit Hühnerzucht zum eigenen Auto
Moses entschied sich dafür, Hühner zu züchten. Das war vor sechs Jahren. Mit einem Lächeln steht er jetzt vor uns und erzählt, was er in der Zwischenzeit erreicht hat: Zwei Ziegen hat er, sein Haus ist statt mit Gras mit Wellblech gedeckt. Und – der Höhepunkt – er hat seit kurzem ein eigenes Auto! Die Eier seiner Hühner, die er verkauft, stehen nun auch bei ihm selbst auf dem Speiseplan. Und Zucker kann er sich auch leisten, erzählt er. Fesch sieht er aus, wie er da vor uns steht. Stolz weist er uns auf den Pullunder hin, den er über seinem gestreiften Hemd trägt.
Die Strickerin von Sakiya
Auch seine Banknachbarin in der Kirche ist stolz darauf. Von ihr stammt der Pullunder. Aidah wurde vor drei Jahren schwanger. Da war sie 17 und musste die Schule verlassen. Als alleinerziehende Jugendliche ohne familiären Rückhalt – ihre Eltern sind mittellose Taglöhner – wurde sie von der CLA für das Projekt ausgewählt. Sie war nicht gesund, litt ständig unter der Kälte der nahen Berge. Und entschied sich deshalb, professionell stricken zu lernen. Die dicken Pullover sollten nicht nur ihre Kunden wärmen, sondern auch sie selbst.
Zwei Monate lang besuchte sie mit Hilfe des Kindernothilfe-Partners eine Trainerin in der nächsten Stadt. Dort lernte die Finessen des Arbeitens mit einer Strickmaschine kennen. Mit einem Grundstock aus dem Projekt und den Erträgen der ersten verkauften Pullover finanzierte sie eine eigene, neue Maschine.
Das Erlernte weitergeben
Wie die funktioniert, zeigt sie uns jetzt in der Kirche. Von den Schulen der Umgebung wird sie mittlerweile engagiert, um ganze Schulklassen mit Westen oder Pullovern zu versorgen. Mit einer Freundin teilt sie sich einen Stand auf dem lokalen Marktplatz und investiert einen Teil ihrer Strickeinnahmen in Zwiebeln und Kohl, die sie dort weiterverkauft.
Und an die CLA, der sie ihre Ausbildung verdankt und die ihr beratend und begleitend zur Seite steht („wie eine Familie“), zahlt sie für jeden Kunden einen bestimmten Betrag. Denn auch andere Jugendliche sollen von dem Ausbildungsprogramm profitieren können. Einige hat sie selbst erst kürzlich im Stricken mit der Maschine unterrichtet. „Aber nur solche, die weit genug weg wohnen“, lacht sie. Denn es soll ja keine Konkurrenz in der eigenen Region entstehen.